Wenn man drei Wochen nichts schreibt, muss natürlich ein Hammer kommen. Oder... gar nichts.
Läge Australien nicht auf dem Weg, hätte ich mich geärgert, um die halbe Welt gereist zu sein, nur um quasi wieder in Europa zu landen. Warum machen Leute das? Neuseeland: gleiches Problem. Alles, was ich am ersten Tag toll fand (Komfort, Englisch) hat mich an Tag zwei schon wieder gelangweilt. Wie ich im "Te Papa"-Museum in Wellington erfuhr, hatte Captain Cooks Bio-Experte Joseph Banks die Vision, hier ein Großbritannien der Südhalbkugel zu erschaffen - Glückwunsch, Banks, you did it! Straßen und Berge und Inseln und Golfplätze haben Namen wie Haupapa oder Arikikapakapa, aber von den Ureinwohnern, den Maori, ist nicht viel zu sehen. Ideal für alle Europäer, die beim Verreisen nicht so gerne mit fremden Kulturen belästigt werden, aber beeindruckende Natur bestaunen wollen. Nur, was soll ich denn hier schreiben über Natur? Des war sooo schön in Bay of Islands, mann, war des schön! Schnarch. (Angucken geht auf Instagram: @biergott).

Also hab ich mir zwei Tage eine sehr schöne Insellandschaft reingezogen, Delfinen gewunken, mit ein paar Briten einen gehoben und mich dann in den Bus nach Rotorua gesetzt. Angeblich die Hauptstadt der Maori-Kultur! Der Plan: Mal kia ora (Hallo!) sagen. Was sofort auffiel, waren jedoch nicht die ganzen Maori-Stämme, die mich am Busbahnhof willkommen hießen, sondern der bestialische Gestank. Es handelt sich um Schwefelwasserstoff, der aus Vulkanen dringen kann, aber auch aus Därmen. Einen Vorteil hat's: Man kann in Rotorua pupsen, was das Zeug hält.

Ich flatulierte über den Nachtmarkt, knatterte durchs "Thermal Wonderland" Wai-O-Tapu, wo sich blubbernde Schlammpfützen und dampfende, bunte Seen die Klinke in die Hand geben, und ließ ganz entspannt im "Polynesian Spa" einen fahren (außerhalb der Pools). Aber wo waren die ganzen Maori? Ich beschloss, nach Whakarewarewa zu wandern - "The living Maori Village". Der Besuch begann mit der Show einer 7-köpfigen Gruppe, die traditionelle Songs und Tänze vorführte. Das war netter als befürchtet, weil dabei die ein oder andere Sache schief ging, z.B. ein Stab, der gefangen werden sollte, auf den Boden knallte, und die Leute sich auf der Bühne kaputtlachten. Weil eine 50-jährige zusammen mit einem 20-jährigen ein Liebeslied sang, weil die beiden wahrscheinlich einfach die besten Stimmen im Dorf haben und das hier keine Castingshow ist. Und weil die Moderatorin das vorher noch nie gemacht hatte und voll nervös war. Nachdem wir alle zusammen getanzt und Erinnerungsfotos gemacht hatten, führte uns ein Guide durch das Dorf, in dem er aufgewachsen war, und erzählte ein paar Dinge, die ich interessant fand:
- Es gibt eine katholische Kirche und eine anglikanische Kirche im Dorf. Neben der katholischen ist ein Friedhof, aber da man die Toten zwischen zischenden Geysiren schlecht vergraben kann, liegen sie in oberirdischen Betonsärgen.
- "Der Tourismus rettet unsere Kultur", sagt der Guide. Seine Großeltern wurden noch bestraft, wenn sie in der Schule Maori sprachen. Heute wachsen die Kinder zweisprachig auf.
- Die Tattoos haben immer mit der Familie zu tun. Die rechte Gesichtshälfte ist für die Mutter reserviert, die linke für den Vater.
- Wenn Maori-Krieger töteten, dann nur mit der Waffe in ihrer Hand. Sie zu werfen galt stammesübergreifend als feige und wenn einer dabei erwischt wurde, musste er dran glauben.
- Als die ersten Touristen schon im 19. Jahrhundert nach Whakarewarewa kamen, warfen sie Münzen in den Fluss. Die Maori so: "?" Und dann etablierte sich der erste Job im Dorf: Kinder sind Penny-Divers. Heißt: Du wartest in Badehose / -anzug im Fluss, bis die Touristen die Brücke zum Dorf überqueren. Dann rufst du ihnen zu, doch bitte eine Münze in den Fluss zu werfen. Das "Bitte" ist wichtig, deine Familie erwartet Höflichkeit. Wirft der Tourist, tauchst du nach der Münze, zeigst sie ihm und stopfst sie zu den anderen in deine Backen, so dass du aussiehst wie ein Hamster. In den 80ern hast du an einem guten Tag 5 Dollar verdient, heute trägst du bis zu 150 Dollar nach Hause.

Kurz: Neuseeland war dann doch für ein paar Stunden spannend. Schade, dass es außerhalb dieses Dorfs Europa ist. Es gibt nur zwei Unterschiede:
1) Neuseeländerinnen können nicht auf High Heels laufen. (Zumindest in Auckland nicht, und wenn da nicht, wo dann?) Es sieht aus als würde sich der Glöckner von Notre Dame in Louboutins über einen Kartoffelacker schleppen. Ich darf das sagen, ich sehe genauso aus. Schuhe hin oder her.
2) Überall läuft noch "Somebody that I used to know"! Was ist los mit euch Kiwis, move ooon!

Die letzten 5 Tage war ich in Sydney. Ich nutzte den Stopp, um beim Arzt vorzusprechen, weil ich tatsächlich Probleme mit dem Magen habe. Der Doktor war ratlos, also verschrieb er mir Antibiotika. (Es rumort fröhlich weiter.) Außerdem besuchte ich eine Augenbrauen-Architektin, die mir einen neuen "Look" verpasste. Ich sehe jetzt aus wie eine besorgte Dackeldame, aber ich weiß nicht, ob es an der Augenbrauenform liegt oder an meinen Zweifeln an der Augenbrauenform. Dann spazierte ich noch mit einer Britin und einem Holländer von Bondi Beach nach Coogee, guckte das Opernhaus und den botanischen Garten an, verfolgte gefühlte hundert Beerpong-Partien und trank Goon (Wein aus der Kiste). Ich lernte, dass Schuhe, die über einer Stromleitung hängen, bedeuten, dass man in der Nähe Drogen kaufen kann und dass australische Münzen kleiner werden, je mehr sie wert sind. Wenn man in den Pub geht, wollen die nicht nur deinen Perso sehen, nein, die SCANNEN den und halten dir eine Kamera zum Abgleich ins Gesicht. Und zwar jedes Mal, auch, wenn du nur mal kurz rauchen gegangen bist. Dafür muss man laut Gesetz mindestens 4 Meter vom nächsten Gebäude entfernt sein. Wenn man über eine rote Ampel geht, was schon mal passieren kann bei einer 3-sekündigen Grünphase, wird man angebrüllt oder muss, wenn man von der Polizei erwischt wird, 70 Dollar zahlen. Hm. Dann doch lieber das richtige Europa.

Aber morgen erstmal nach Indien. Mit Bauchweh. Hilfe!

Backpacker-Bingo, Teil 2:
- Age is just a number.
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