Ich sitze in San Cristobal de las Casas und trage: Eine lange Hose, Socken, ein T-Shirt, einen dicken Pulli, ein Hoodie und einen Schal. Ich dachte, Mexiko sei immer warm?! Damn: Es gibt Berge.

Trotzdem ist das bisher die Station, die mir am besten gefällt. Die Stadt ist übersichtlich, es gibt zwei Hauptstraßen, einen Markt, ein paar Kirchen und drumherum explodieren dauernd Feuerwerkskörper. Es klingt wie Krieg, ist aber fun, glaube ich. Unter die Locals, die auf der Straße bunte Bändchen, Schals etc. verkaufen, mischen sich diverse Traveller, die sich in von Bergvölkern inspirierte Gewänder hüllen und bunte Perlen in ihre Rastazöpfe knüpfen. Heute morgen war ich mit der Intrepid-Gruppe auf einer Bootstour durch den Cañón del Sumidero, wir haben Krokodile und Pelikane, einen Affen und Geier gesehen! Ich hab mich vor denen geschämt, weil die ganzen Touristen sich mit einem Selfiestick duckfacend vor das Krokodil gestellt haben, aber vielleicht denken die sich auch eher sowas wie "Wenn die das alle auf Insta hochladen brauche ich gar keinen eigenen Account" oder "Mir wäre wichtiger, dass die nicht immer ihre Plastikflaschen in meinen Lebensraum werfen", who knows.

Zusammenfassung der letzten Stationen:
- Mexiko City: Kalt, grau, riesig und ein bisschen gefährlich (es gab Proteste, weil der Benzinpreis um 20% gestiegen ist und die Leute haben Geschäfte geplündert). Ziemlich grässlich, abgesehen vom Hipsterviertel Roma Norte. Dort gab es wie erhofft einen Quinoa-Salat. In normalen Restaurants musste ich mit Käse gefüllte Teigtaschen verspeisen, manche hatten gar nichts vegetarisches im Angebot!!!! Stellt euch nur mein grenzenloses Leid vor. Na ja, ich bin dann ins Frida Kahlo Museum gegangen, am besten fand ich ihre Küche, vielleicht weil ich so hungrig war. Langzeit-Plan: Selber eine mexikanische Küche haben. Ich hoffe, man kann trotzdem auch mal vietnamesisch darin essen, oder fühlt sich das dann komisch an?

- Puebla. Wir haben einen Ausflug in die Heimatstadt unseres Guides gemacht, Cholula, und da eine Kirche angeguckt, Sangria getrunken und auf dem Markt blaue Quesadillas gegessen. Das war schon was.

- Oaxaca. Endlich Sommerklamotten! Wir sind u.a. zu einem Wasserfall ohne Wasser gefahren und haben Mezcal mit einem Wurm drin getrunken. Das beste war aber das Essen: Es gab Alambre mit Paprika, Käse, Guacamole und Scharfsoß. In der Taqueria El Primo waren wir jeden Abend + alle sind komplett durchgedreht, weil es so lecker und billig war.

- Dann: 11 Stunden Nachtbus nach San Cristobal de las casas. Nach ein paar Stunden gab es eine Pause und während wir rauchten öffnete sich eine Klappe an der Seite des Busses und ein Männlein kletterte aus seinem Schlafzimmer und zog sich ein Hemd an. Es war der neue Busfahrer. Der alte machte sich bettfertig und kletterte hinter die Klappe. Derweil wurde ein Stockwerk drüber ein Film mit Jennifer Garner gezeigt, in dem ein Kind unheilbar krank war und dann in den hohlen Stamm eines Baumes reinfiel und danach war es wie durch ein Wunder gesund! Wortlos aktivierte ich die vom Bus bereitgestellte Playlist inkl. "Careless Whisper" und "Like a virgin".

Jetzt ist schon wieder ein Tag vergangen und ich sitze in Palenque. Der Kaktus da oben ist Vergangenheit. (Sorry für die schlechte Bildqualität, ich arbeite derzeit an einem besseren Verfahren als mir Fotos selber über Facebook zu schicken). Plötzlich hocken wir mitten im Dschungel. Auf unserem Weg haben ein paar Leute mit Macheten eine Stunde lang die Straße blockiert. Das passiert wohl hin und wieder mal in der Gegend, Chiapas ist einer der ärmsten Staaten des Landes und man ist unzufrieden, z.B. in Sachen Korruption, ich glaube, man will sogar Unabhängigkeit?! So ganz steige ich noch nicht durch. Aber es gibt ein paar Sachen, die ich in den letzten Tagen gelernt habe:

- Mexiko gehört zu Nordamerika! Dieser Fakt lässt diesen einen Moment, in dem ich mal jemanden ausgelacht habe, weil er dachte, Mexiko gehört zu Südamerika und schrie "HAHAHA, QUATSCH, MITTELAMERIKA!" auf einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen.

- Man muss Tiere nicht lieben, um Vegetarier zu sein. Man kann sie auch hassen. Die Mitreisende A. aus der Schweiz findet Tiere so eklig ("Die haben Haare!"), dass sie kein Fleisch anrührt. Fair enough.

- Gruppenreisen haben viele Vorteile. Zum Beispiel, dass man Orte besucht, auf die man allein gar nicht gekommen wäre, dass man immer Gesellschaft hat, wenn man will, dass man den Guide alles über das Land und die Leute und die Sprache fragen kann, dass der einem die besten Spots zeigt und man nicht so viel Zeit mit Orga verplempert. Nachteil: Man wird immer passiver, lässt sich jegliche Entscheidungen abnehmen bis man überlegt, ob es auch möglich wäre, gefüttert zu werden. (*pissig* Ist es anscheinend NICHT.)

- Ich bin vielleicht die beste UNO-Spielerin aller Zeiten. Auch einen Posten als UNO-Botschafterin würde ich nicht ausschlagen. Just sayin @mattel.

- Dope zu kaufen ist anscheinend das Einfachste auf der Welt, auch wenn man niemanden vor Ort kennt. Mein Reise-Buddy J. (18 Jahre, Brite) geht dazu z.B. einfach auf den Markt, guckt interessiert ein paar Haschpfeifen an und schon wird ihm ein Päckchen Gras offeriert, das er dankend annimmt und zusammen mit der 66-jährigen Kanadierin wegsmoked. Sie nennt es Pot, wie Roseanne.

- Nicht alle Mexikaner hassen Donald Trump. Unser Guide H. findet es gar keine schlechte Idee, eine Mauer zu bauen, um den Drogenkartellen das Handwerk zu legen. Na nu!

- Die meisten Mexikaner sehen aus wie direkte Nachfahren der Ureinwohner. Man kann sich nur dafür schämen, was Europäer hier veranstaltet haben. Zum Beispiel, ihre Kirchen aus Prinzip immer auf einem niedergestampften Tempel zu errichten.

- Burritos kommen aus den USA, nicht aus Mexiko. Dafür werden hier jede Menge Grashüpfer gegessen, als Snack zwischendurch. Auch ich habe 4 verspeist. Sie platzen nicht im Mund auf und entleeren ein gallertartiges Inneres, thank god.

- Es gibt Mexikaner, die Olaf heißen! Und wenn sie einen Parfumshop haben, schenken sie einem Parfum. Einfach so, ohne anfassen.

- Andere nennen sich "El Gorila" und zeigen einem die Pyramiden in Teotihuacán der Nähe von Mexiko City. Sie erzählen einem, wie sie im Grunde die Inspiration für "Tears in Heaven" waren, nachdem sie Eric Clapton an diesem Ort herumgeführt haben. Auch Rammstein, Robert Plant & Co. waren schon da. Sie zeigen einem den Handschlag der Ureinwohner, der verspricht, dass man einander nie wehtun wird, weder verbal noch körperlich. (Handgelenk umfassen, auf die Schulter klopfen, Handgelenk umfassen). Sie füllen einen mit Pulque ab und flüstern: "Das macht horny!" Am Ende schenken sie einem eine Perle aus ihrer Jade-Kette und sagen: "You have a friend in Mexico". <3 Hoffentlich ist es nicht der letzte.